„Wir setzen auf einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen“
Herr Grabowski, welche Strategien stehen bei Kaufland in der Verpackungsentwicklung gerade im Vordergrund und welche Anforderungen müssen erfüllt werden?
Verpackungen sind ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Eigenmarken. Sie haben einerseits einen Einfluss auf die Material- oder Transportkosten. Andererseits sind sie wichtig, um Lebensmittel frisch zu halten und sie beim Transport zu schützen. Zusätzlich hat die Verpackung in den vergangenen Jahren unglaublich viel an Bedeutung im Bereich Nachhaltigkeit gewonnen.
Die ökologischen Aspekte von Verpackungen also als das bestimmende Thema. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Entwicklung?
Alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette müssen sich einig sein, dass die schützende Umhüllung kein Abfall ist, sondern eine wertvolle Ressource, die entsprechend entwickelt, recycelt und wieder in den Verkehr gebracht werden muss. Die Unternehmen der Schwarz Gruppe, zu der auch Kaufland gehört, setzen das mit der gemeinsam erarbeiteten Plastikstrategie REset Plastic um.
… damit rücken vor allem die vielfach kritisierten Kunststoffe in den Fokus.
Kunststoffe waren nie so umstritten wie heute. Und doch stellen sie für den Lebensmitteleinzelhandel ein zentrales Verpackungsmaterial dar. Entsprechend engagieren sich die Unternehmen der Schwarz Gruppe seit mehreren Jahren für dessen Sammlung, Sortierung und Wiederverwertung. Insgesamt achten sie bei Verpackungen und Transporthilfen ihrer Eigenmarken sowie bei Verbrauchsmaterialien in den Filialen, Logistikzentren, Produktionsstandorten und Verwaltungen auf Umweltkriterien. Darunter fallen die Recyclingfähigkeit, der Anteil von recyceltem Material und die allgemeine Ressourceneinsparung.
Was verbirgt sich konkret hinter REset Plastic?
Damit verfolgen wir die Vision „Weniger Plastik – geschlossene Kreisläufe“ und setzen auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser Ressource. Ziel ist es, so wenig Material wie möglich einzusetzen und die verwendeten Materialien in Kreisläufen zu führen.
Wie ist der aktuelle Stand der Zielerreichung?
Für das Geschäftsjahr 2021 verdeutlichen das die folgenden Zahlen: Länderübergreifend reduzierten beide Handelssparten ihren Plastikeinsatz bei Eigenmarkenverpackungen um 18 Prozent und kommen so ihrem REset-Plastic-Ziel, bis 2025 20 Prozent weniger Plastik einzusetzen, immer näher. In Deutschland wurde das Ziel bereits übererfüllt: Kaufland Deutschland konnte schon 26 Prozent, Lidl in Deutschland 22 Prozent Plastik einsparen. Der Fokus für das weitere Vorgehen liegt neben Verbesserungen im Bereich der Plastikreduktion insbesondere auf dem Einsatz von Rezyklat und der Erhöhung der Recyclingfähigkeit.
… das bedeutet?
Bis zum Jahr 2025 wollen wir durchschnittlich 25 Prozent Rezyklat in Eigenmarkenverpackungen einsetzen sowie 100 Prozent der Verpackungen unserer Eigenmarkenprodukte maximal recyclingfähig machen. Aktuell werden über alle 32 Länder hinweg, in denen Lidl und Kaufland vertreten sind, durchschnittlich 14 Prozent Rezyklat verwendet. Kaufland Deutschland nutzt schon jetzt 29 Prozent, Lidl in Deutschland 23 Prozent Rezyklat in den Eigenmarkenverpackungen. Bezogen auf alle 32 Länder hat die Schwarz Gruppe bis zum Geschäftsjahr 2021 bei 50 Prozent der Eigenmarkenverpackungen maximale Recyclingfähigkeit erreicht – das entspricht bereits der Hälfte ihres Zielvorhabens. Bei Lidl in Deutschland sind momentan 58 Prozent, bei Kaufland Deutschland 42 Prozent der Eigenmarkenverpackungen maximal recyclingfähig.
Auch Lebensmittelhersteller arbeiten daran, ihren Verpackungseinsatz nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Was ist Ihre Erfahrung? Wie wichtig ist es etwa, dass sich Produktentwickler mit Verpackungsentwicklern abstimmen?
Es gibt keine Herausforderungen, die man nicht gemeinsam bewältigen kann. Es stimmt, dass viele Produktentwicklungen mit Abstimmungsaufwand verbunden sind, da hier nicht nur Produktmanager und Verpackungsentwickler, sondern etwa auch der Vertrieb oder das Qualitätsmanagement mit eingebunden werden.
Beim Material die richtige Entscheidung zu treffen, ist für viele eine Herausforderung...
Seit Jahren analysieren wir daher in enger Abstimmung mit unseren Lieferanten sehr sorgfältig, in welchen Bereichen wir ganz auf Plastik verzichten oder zumindest die Menge reduzieren können, wo wir auf alternative Verpackungen zurückgreifen und wie wir die Recyclingfähigkeit und den Rezyklateinsatz erhöhen können. Um dies zu erreichen, haben wir gemeinsam mit unseren Lieferanten einen Styleguide für eine nachhaltige Verpackungsgestaltung entwickelt. Es empfiehlt sich möglichst viele Beteiligte an einen Tisch zu bringen und eine konstruktive Diskussion einzuleiten.
Mit PreZero betreibt die Schwarz Gruppe auch ein eigenes Abfall- und Recyclingunternehmen. Welche Möglichkeiten bieten sich in Punkto Verpackungsentwicklung durch die Zusammenarbeit?
Mit PreZero haben wir die Möglichkeit, Verpackungen zu entwickeln, die in der Praxis optimal verwertet werden und nicht nur anhand theoretischer Anforderungen recyclingfähig sind. Zusätzlich haben wir die Chance, smarte Kreisläufe für weitere Verpackungsformate oder auch -materialien zu entwickeln. Gemeinsam arbeiten wir an Lösungen, um Wertstoffe wieder als Verpackung oder als andere Gegenstände einzusetzen …
Welche Erfolge konnten Sie bereits erzielen?
Ein Beispiel sind Wäschekörbe und Spielzeuge, die wir bei Kaufland aktionsweise anbieten. Hier nutzen wir zur Herstellung auch Recyclingmaterial von PreZero.
Ein weiterer Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Kaufland ist die Entwicklung von Verpackungen mit alternativen Materialien. Neu im Sortiment sind etwa Äpfel in einer Verpackung auf Silphiebasis. Was ist Silphie und warum hat man sich für dieses Konzept entschieden?
Die Silphie-Pflanze wurde ursprünglich als Futtermittel für Tiere von Nordamerika nach Europa gebracht. Die mehrjährige Kultur ist nicht sehr anspruchsvoll, wenn es beispielsweise um den Boden geht und schützt ihn gleichzeitig vor Erosion durch Wind und Wasser. Heute wird die Silphie als Energiepflanze für die Gewinnung von Biogas eingesetzt. Zusätzlich werden Pflanzenfasern gewonnen, die für die Papierherstellung eingesetzt werden. Zudem bietet Sie Insekten einen großartigen Lebensraum, womit sie einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität leistet. Möglichst geringe Ressourcenverschwendung in der gesamten Wertschöpfungskette und Förderung der Bioökonomie sprechen eindeutig für die Nutzung der Pflanze.
Sind noch weitere Produkte damit verpackt?
Neben unseren Äpfeln der Marke Cameo sowie der Eigenmarke K-Bio sind noch einige andere Artikel mit dem neuen Material verpackt, beispielsweise der K-Bio Räucher- sowie der Stremellachs.
Welche Hürden sind bei der Entwicklung nachhaltiger Verpackungen noch zu überwinden?
Herausforderungen stellen fehlende Entsorgungswege, unzureichende Technik oder unpassende Technologie dar, die mit entsprechendem Willen und finanzieller Unterstützung behoben werden können. Ohne eine branchenübergreifende Vorgehensweise, befindet man sich allerdings in einer Pattsituation. Als Beispiel lassen sich hier die PET-Flaschen nennen, deren Recyclingquote sich in Deutschland aufgrund des erfolgreich etablierten Pfandsystems auf einem hohen Niveau befindet. Derartige Pfandsysteme sind bisher aber nicht verpflichtend, sodass andere Länder ohne Pfand bisweilen deutlich schlechtere Quoten aufweisen.