Köln: 23.–26.02.2027 #AnugaFoodTec2027

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Upcycling von Nebenprodukten zu veganen Ingredients

Hochwertiges natives Protein aus Überschusshefe

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Die Schweizer Yeastup AG wurde 2020 gegründet, um Nebenströme der Lebensmittelindustrie für eine nachhaltige Ernährung nutzbar zu machen. Das Team um die Gründer Daniel Gnos und Urs Briner konzentriert sich auf Überschusshefe aus Brauereien, um daraus in einem nachhaltigen und energieeffizienten Kreislaufprozess Proteine und Ballaststoffe zu gewinnen. Das Startup entwickelte sein mittlerweile patentiertes Verfahren zur Serienreife und arbeitet zurzeit an der Skalierung des Prozesses auf einen industriellen Maßstab. Parallel laufen Versuche zur Nutzung des hochwertigen Hefeproteins als funktionelle Zutat in veganen Alternativen zu tierischen Lebensmitteln. Wir sprachen mit Daniel Gnos über die Verfahrensentwicklung, Vor- und Nachteile verschiedener Proteinquellen sowie die Zukunftsaussichten von Fermentation und pflanzenbasierten Produkten.

Yeastup-Gründer: Urs Briner (links) und Daniel Gnos (rechts). © Yeastup AG

Yeastup-Gründer: Urs Briner (links) und Daniel Gnos (rechts). © Yeastup AG

Herr Gnos, warum brauchen wir künftig verstärkt vegane Alternativen zu tierischen Lebensmitteln?

Bis 2050 werden schätzungsweise 265 Millionen Tonnen Protein zusätzlich benötigt, um den Bedarf der Weltbevölkerung zu decken. Die Viehzucht trägt wesentlich zum Klimawandel bei und ist für einen großen Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Fleischkonsum hat auch Auswirkungen auf die weltweite Entwaldung sowie auf den Land- und Wasserverbrauch. Daher sind hochwertige alternative Proteinquellen erforderlich, die einen ähnlichen biologischen Wert wie tierische Proteine haben, aber keine landwirtschaftlichen Ressourcen, kein Ackerland und keine Bewässerung benötigen sowie unbegrenzt verfügbar sind. Hefezellen sind ideal für die Kreislaufwirtschaft, die sich durch eine möglichst lange und effiziente Nutzung von Rohstoffen auszeichnet. Wenn Stoff- und Produktkreisläufe geschlossen werden können, können Rohstoffe immer wieder verwendet werden, wie z. B. das in unserem Prozess verwendete Wasser, das zurückgewonnen, gereinigt und im Kreislauf geführt wird. Am Ende des Prozesses verbleiben maximal 2 % nicht verwertbare Rückstände, die biologisch abbaubar sind.

Und welche Vorteile hat speziell die Überschusshefe im Vergleich zu anderen nichttierischen Proteinquellen?

Bei der Bierherstellung fallen weltweit täglich etwa 10.000 Tonnen gebrauchte Hefe an, von denen bis zu 90 % als Tierfutter verwendet werden. Die Nährstoffdichte von Hefe ist enorm, da sie hochwertiges Eiweiß und Ballaststoffe enthält. Unser Ziel ist es, diese Ressource direkt für den wachsenden Proteinbedarf der Weltbevölkerung zu nutzen, ohne den energie- und ressourcenintensiven Umweg über die Nutztierhaltung mit all ihren ökologischen Nebenwirkungen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir im industriellen Maßstab hochwertige alternative Proteine und Fasern aus der Überschusshefe gewinnen. Unser Hefeprotein Yeastin® hat den gleichen Nährwert wie tierische Proteine und bietet ein vollständiges Aminosäureprofil, das sich von anderen pflanzlichen Varianten abhebt. Im direkten Vergleich entspricht es der Aminosäurezusammensetzung von Molkenprotein und Eiklar und übertrifft sogar leicht die von Fleisch- und Sojaisolaten. Dabei ist es nicht tierischen Ursprungs und belastet andere pflanzliche Lebensmittel nicht im Hinblick auf die Ressourcen.

Aus Brauerei-Überschusshefe gewinnt Yeastup Proteine und Ballaststoffe für die menschliche Ernährung in einem nachhaltigen und energieeffizienten Kreislaufprozess. ©Yeastup AG

Aus Brauerei-Überschusshefe gewinnt Yeastup Proteine und Ballaststoffe für die menschliche Ernährung in einem nachhaltigen und energieeffizienten Kreislaufprozess. ©Yeastup AG

Wie sieht es mit dem ökologischen Fußabdruck von Hefeprotein im Vergleich zu anderen veganen Quellen aus?

Zunächst muss man Hefe mit Hefe vergleichen und da kommt es auf den kreislaufwirtschaftlichen Ansatz und die technologische Behandlung des Hefeproteins an. Die bislang auf dem Markt erhältlichen Produkte aus China und Frankreich werden aus eigens gezüchteter Hefe hergestellt, ein klarer ökologischer Nachteil. Außerdem sind sie denaturiert und unlöslich, wodurch sie keine funktionalen Eigenschaften mehr haben. Die Verwendungsmöglichkeiten in der Industrie sind daher sehr begrenzt.

Um darüber hinaus Vergleiche zu tierischem und pflanzlichem Protein anstellen zu können haben wir gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) eine Ökobilanz-Studie nach ISO 14040 ff durchgeführt, um die Umweltauswirkungen einer Proteinproduktion aus überschüssiger Bierhefe und der Verwendung als Zutat in Burger-Patties zu untersuchen. Mit diesen Ergebnissen wollen wir unseren derzeitigen und künftigen Projektpartnern aus der Lebensmittelindustrie die potenziellen Umweltvorteile anhand eines globalen Benchmarks aufzeigen. Dabei wurde ein Patty mit Proteinen aus Brauerei-Überschusshefe mit einer konventionellen Version aus Rindfleisch und einem veganen Bratling als Benchmark verglichen. Es zeigte sich, dass Yeastin® den ökologischen Fußabdruck eines 113 g schweren Burger-Patties je nach untersuchtem Indikator um 74 bis 81 % reduzieren kann.

Und wie verhält sich Hefeprotein im Vergleich zu pflanzlichen Rohstoffen?

Das war so verblüffend, wie letztlich logisch: Ein veganer Burger-Patty aus Hefeprotein von Yeastup hat einen noch kleineren ökologischen Fußabdruck als einer aus Erbsenprotein. Die Herstellung des Erbsenproteins hatte beim konventionellen veganen Patty die größten Auswirkungen auf die Umwelt. Im Vergleich dazu waren die Umweltauswirkungen der Yeastup-Alternative bei allen Folgenabschätzungsmethoden deutlich geringer, wobei die Substitution der Bierhefe in ihrer bisherigen Verwendung als Futtermittel mit eingerechnet ist. Dank der Verwendung eines industriellen Nebenproduktes brauchen wir keine Ackerflächen, keinen Anbau, keine Bewässerung und keine Pestizide. Das ist ein klarer ökologischer Vorteil gegenüber tierischen und pflanzlichen Quellen. Im Vergleich zum Erbsenprotein wurden für unser Hefeprotein eine 81 % geringere Umweltbelastung, 74 % weniger Treibhausgasemissionen und ein um 80 % geringerer kumulierter Energiebedarf ermittelt. Wir sollten uns also viel mehr mit der besseren Nutzung von Nebenstoffströmen befassen, die sowieso entstehen.

Auf welchem Weg gewinnen Sie die Proteine und Ballaststoffe aus der Überschusshefe?

Beim Upcycling der Überschusshefe erfolgt zunächst eine Standardisierung und Entbitterung der angelieferten Hefeemulsion und dann ein schonender Zellaufschluss, der die freigesetzten Bestandteile der Hefezellen weitestgehend intakt lässt. In der Folge gilt es, ungewollte Geschmacksstoffe aus dem Brauprozess zu entfernen und die Inhaltsstoffe so aufzureinigen und zu fraktionieren, dass ein hochreines, geruchs- und geschmacksneutrales, natives Proteinpulver mit optimalen Verarbeitungseigenschaften und hervorragender Löslichkeit entsteht. Ein weiterer Wertstoff sind Polysaccharide aus der Hefezellwand, vor allem Beta-Glucane und Mannan, die insbesondere für die Supplement- und Kosmetikindustrie interessant sind.

Bei den eingesetzten Geräten handelt es sich um handelsübliche Maschinen aus verschiedenen Branchen, die wir für unsere Zwecke einsetzen und kombinieren. Unsere Kerninnovation basiert auf einer spezifischen Kombination von Prozessschritten für die Reinigung und den Aufschluss der Hefezellen sowie die Filtration und Extraktion der verschiedenen Inhaltsstoffe. Wir extrahieren, reinigen und trocknen die Fraktionen und stellen sicher, dass die Inhaltsstoffe funktionsfähig bleiben und die Proteine nicht denaturiert werden. Dies ist das Alleinstellungsmerkmal unseres Verfahrens. Deshalb haben wir dieses kontinuierliche und industriell skalierbare System patentiert.

Wie entwickeln Sie Ihren Prozess weiter und in welchen Lebensmitteln soll Yeastin® eingesetzt werden?

Wir arbeiten hauptsächlich an der weiteren Optimierung unseres Extraktions- und Reinigungsverfahrens, an der Maßstabsvergrößerung und an der Entwicklung von Zutatenrezepten und -verbindungen, um Lebensmittelherstellern maßgeschneiderte Zutatenkonzepte zu bieten. Die Extraktion von Proteinen und Ballaststoffen erfordert Know-how in der Verfahrenstechnik und im Hefestoffwechsel. Deshalb haben wir uns zunächst auf die prozesssichere Entwicklung des Verfahrens im Technikumsmaßstab konzentriert, was uns beim anstehenden Scale-up auf mehrere 100 Kilo pro Charge einen klaren Wettbewerbsvorteil verschafft. In Zusammenarbeit mit führenden Herstellern von Sporternährung, Fleischanaloga, Molkereialternativen und Kosmetika entwickeln wir derzeit Produkte auf Basis unserer Proteine und Fasern. Der Fokus liegt dabei auf dem Bereich Sports & Nutrition. Unter anderem sind wir gerade dabei, Protein-Riegel zu entwickeln. Auch die techno-funktionellen Eigenschaften in Bezug auf Gelierung und Löslichkeit haben uns überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und ein Hefeprotein anbieten können, das es in dieser Form derzeit nicht auf dem Markt gibt.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Branche insgesamt?

Im Moment tut sich viel, sowohl was die Erforschung alternativer Proteinquellen als auch die Nutzung von Nebenströmen aus der Lebensmittelindustrie betrifft. Fast jeden Tag treten neue Start-ups mit innovativen Ideen an die Öffentlichkeit. Aus unserer Sicht erleben wir eine der spannendsten Phasen in der Lebensmittelindustrie, denn es gibt nicht nur eine einzige Lösung für die künftige Ernährung der wachsenden Bevölkerung, sondern eine Vielzahl von Möglichkeiten. Wir glauben, dass das Upcycling von Nebenprodukten und die Präzisionsfermentation ein enormes Potenzial haben. Letztere bietet viele Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmittelverarbeitungsmethoden, da sie eine nachhaltigere und effizientere Produktion ermöglicht. Obwohl es für die Nebenprodukte der Präzisionsfermentation noch einige rechtliche Hürden zu überwinden gibt und wieder Nebenströme entstehen, eröffnet sie viele spannende Möglichkeiten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Kosten beherrschbar sind und dass die Kunden bereit sind, solche Zutaten zu akzeptieren.

) Laut einer aktuellen Ökobilanz-Studie verursacht Yeastin® als Proteinquelle für Burger-Patties im Vergleich zu Erbsenprotein eine um 81 % geringere Umweltbelastung. © Yeastup AG

) Laut einer aktuellen Ökobilanz-Studie verursacht Yeastin® als Proteinquelle für Burger-Patties im Vergleich zu Erbsenprotein eine um 81 % geringere Umweltbelastung. © Yeastup AG

Kontakt

Yeastup AG

Daniel Gnos, Gründer und CEO

hello@yeastup.com

T +41 58 255 33 33

www.yeastup.com