Kreislaufwirtschaft im Fokus
Die Notwendigkeit des Wandels hin zu einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft betrifft auch die Verpackungsindustrie. Dies gilt insbesondere für Verpackungen von Fast Moving Consumer Goods (FMCG), zu denen auch die meisten Lebensmittel gehören. FMCG Verpackungen haben eine kurze Nutzungsdauer von wenigen Tagen oder Wochen und stehen sinnbildlich für die heutige Wegwerfgesellschaft, die auch als lineare Ökonomie bezeichnet wird.
Die europäische Politik begegnet den ökologischen Herausforderungen mit einer Vielzahl an Fahrplänen und daraus resultierenden Regularien, unter anderem mit dem European Green Deal. Ein Ziel des Green Deals ist die Maßnahmenerarbeitung zur Bekämpfung von überflüssigen Verpackungen, um eine Abfallreduktion zu erreichen. Zur Förderung der Kreislaufwirtschaft ist der Circular Economy Action Plan (CEAP) ein zentrales Element des Green Deals. Der CEAP zielt darauf ab, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung zu entkoppeln und zugleich die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern. Im Einklang mit dem Ziel des Green Deals, überflüssige Verpackungen zu bekämpfen, geht aus dem CEAP ein Vorschlag für eine neue europäische Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle hervor (Proposal for a Regulation on Packaging and Packaging Waste – PPWR).
Abbildung Regularien ©gruesser
Herausforderungen und Limitationen
Im Kontext Lebensmittelverpackungen sind für die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft zu wenig Rezyklate für den Lebensmittelkontakt zugelassen. Zudem ist die vollständige und getrennte Erfassung sowie die Materialrückgewinnung bei Post-Consumer-Abfällen besonders herausfordernd. Gemischte Post-Consumer-Kunststoffabfälle aus der gelben Tonne müssen in unterschiedliche Stoffströme sortiert werden. Aufgrund von Zusatzstoffen und Verunreinigungen wird die Sortierung teilweise erschwert und die Post-Consumer-Kunststoffabfälle oft zu minderwertigem Rezyklat verarbeitet. Fortschritte in der Sortiertechnologie, basierend auf Digitalisierung, Robotik und künstlicher Intelligenz, könnten das werkstoffliche Recycling verbessern, sind jedoch aufgrund höherer Kosten noch nicht weit verbreitet. Alternativ bietet das chemische Recycling die Möglichkeit, Kunststoff in seine Grundbausteine zurückzuführen, die dann als Ausgangsmaterial für neuen Kunststoff oder für die chemische Industrie dienen können. Diese Technologie hat das Potenzial, auch schwer oder gar nicht werkstofflich recycelbare Kunststoffabfälle in hochwertige Produkte umzuwandeln, befindet sich jedoch noch in der Entwicklung.
Zusammenfassung und Ausblick
Eine Kreislaufwirtschaft bietet das Potenzial zur Reduktion des Primärressourceneinsatzes, Abfallaufkommens und damit verbundener potenzieller Umweltwirkungen. Mit Blick auf die Verknappung endlicher Ressourcen führt die Kreislaufwirtschaft aufgrund von Verlusten während des Recyclingprozesses und bei Nutzung fossilbasierter Energiequellen jedoch nicht zur Unabhängigkeit von endlichen Ressourcen. Zur Adressierung dieser Limitation ist die Kombination mit einer ergänzenden alternativen Wirtschaftsweise – der Bioökonomie – erforderlich. Ebenso wichtig ist die Bereitstellung verbesserter Produktinformationen für Verbraucher. Auch mit dem Übergang zur Kreislaufwirtschaft bleibt die grundlegende Notwendigkeit bestehen, den Gesamtverbrauch natürlicher Ressourcen für eine nachhaltige Entwicklung erheblich zu reduzieren.
Unter Berücksichtigung der angestrebten Abfallreduktion sowie Verminderung von potenziellen Umweltwirkungen und Schonung von Ressourcen ist bei der Konzeptionierung von Lebensmittelverpackungen stets das gesamte Produktverpackungssystem zu betrachten. Dabei dürfen die Abfallhierarchie und/oder die Kreislauffähigkeit der Funktionalität der Verpackung nicht übergeordnet werden. Im Lebensmittel sind deutlich mehr Ressourcen gebunden als in dessen Verpackung. Wird die Funktionalität der Verpackung bspw. durch das Design für Recycling beeinträchtigt, können dadurch bei Zunahme der verpackungsbedingten Lebensmittelabfälle höhere potenzielle Umweltwirkungen als durch eine nicht kreislauffähige Verpackung entstehen. Auch der Verzicht auf funktionale Verpackungen im Sinne der ersten Stufe der Abfallhierarchie – Vermeidung – kann bei Betrachtung des Produktverpackungssystems und unter Berücksichtigung entstehender Lebensmittelabfälle in mehr potenziellen Umweltwirkungen resultieren, als durch die vermiedene Verpackung eingespart wurden. Die erste Stufe der Abfallhierarchie kann genauso in der Vermeidung von Lebensmittelabfällen gesehen werden, was häufig nicht mit der Vermeidung von Verpackungen einhergeht. Die Kreislauffähigkeit ist nicht gleichzusetzen mit dem Maß an Nachhaltigkeit einer Verpackung. Die reine Betrachtung dieses Aspekts verfälscht die Ergebnisse und kann im Zweifelsfall zu mehr ungünstigen potenziellen Umweltwirkungen führen und damit das Ziel der Umweltentlastung verfehlen. Ob eine funktionale Lebensmittelverpackung, auch wenn nicht kreislauffähig, mit geringeren potenziellen Umweltwirkungen verbunden ist, bedarf einer individuellen Überprüfung. Hierfür können Nachhaltigkeitsbewertungsmethoden wie bspw. das Life Cycle Assessment – Ökobilanz, das Life Cycle Costing oder ein social Life Cycle Assessment herangezogen werden.
Zukunftsfähige Innovationen
Die einer Kreislaufwirtschaft in der Lebensmittelverpackungsindustrie entgegenstehenden Herausforderungen heben den Forschungsbedarf in diesem Bereich hervor. Für zukunftsfähige Innovationen ist im Rahmen dieser Forschung eine ganzheitliche Betrachtung von Produkt- und Stoffkreisläufen über ihren Lebensweg und mit ihren Abhängigkeiten zu anderen Kreisläufen hinweg grundlegende Voraussetzung. Das schließt die Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen, technologischen und sozialen Aspekten mit ein. Neben der Forschung bedarf es auch eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Um das Verständnis und die Akzeptanz für Kreislaufwirtschaft zu fördern, spielt der aktive Dialog in allen Bereichen der Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Dies beinhaltet intensive fachliche Diskussionen zwischen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Medien, Umwelt und Verbraucherschutzorganisationen sowie auf nationaler und lokaler Ebene. Für die Realisierung einer Kreislaufwirtschaft braucht es daher einen kollaborativen wertschöpfungskettenübergreifenden Ansatz.
Das DLG-Expertenwissen ist kostenfrei abrufbar unter: https://www.dlg.org/de/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen-lebensmitteltechnologie/lebensmittelverpackungskonzepte-fuer-die-kreislaufwirtschaft