Köln: 23.–26.02.2027 #AnugaFoodTec2027

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Cultured Meat

Mit leistungsfähigen Technologien auf Erfolgskurs

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Etablierte Global Player aus der Fleisch- und Pharmabranche arbeiten intensiv und oft gemeinsam mit Startups an Fleisch oder Fisch aus Zellkulturen. Ihr Ziel ist es, künftig mit zellbasiertem Fleisch den weltweit wachsenden Bedarf an tierischem Eiweiß zu decken – ohne Massentierhaltung und großen Ressourcenverbrauch. Das Potenzial von Cultured Meat ist groß. Marktteilnehmer sind davon überzeugt, dass die Technologie eine entscheidende Rolle am künftigen Proteinmarkt spielen wird. Doch noch gibt es viele Hürden zu überwinden.

Der Markt ist in Bewegung. Nach Singapur sind die USA weltweit das zweite Land, in dem Cultured Meat produziert und verkauft werden darf. Das US-Landwirtschaftsministerium hat Hähnchenfleisch der beiden kalifornischen Food-Techs GoodMeat und Upside Foods offiziell zugelassen. Das deutsche Startup Bluu Seafood hat die Zulassung seiner kultivierten Fischalternativen bereits in Singapur beantragt und plant dies jetzt auch in den USA. Das israelische Startup Aleph Farms hat gemeinsam mit Migros in der Schweiz den ersten Zulassungsantrag für Kulturfleisch in Europa eingereicht, und Mosa Meats darf in den Niederlanden begrenzte Verkostungen unter „kontrollierten Bedingungen“ durchführen – noch vor einer EU-Zulassung.

Hybridprodukte

Marcus Keitzer, 2018 zum Vorstand für Alternative Proteine der PHW-Gruppe gewählt, meint: „Der Proteinbedarf der Zukunft wird weder allein durch konventionelle Fleischprodukte noch durch die derzeit vorhandenen pflanzlichen Alternativen zu decken sein.“ Die kontinuierliche Erforschung innovativer Technologien und deren Eignung für den Ernährungsmix der Zukunft sei für die PHW-Gruppe essenziell. Sowohl für kultiviertes Fleisch als auch für pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte gebe es ein Für und Wider. Als vielversprechend stuft er nicht zuletzt die Vermarktung von Hybridprodukten ein. Vor diesem Hintergrund ist die PHW-Gruppe seit 2018 unter anderem Gesellschafter von SuperMeat.

Das technologische Prinzip – Rotes und weißes Fleisch oder Fisch

Vom Grundsatz her erscheint das Bioprocessing von Cultured Meat relativ einfach: Mittels Biopsie werden aus dem Muskelgewebe von Tieren bestimmte Zellen entnommen, die sich zuerst in Petrischalen, dann in Bioreaktoren in geeigneten Kulturen teilen und vermehren. Ist eine ausreichende Biomasse erreicht, kann man die Zellmasse durch Zentrifugation oder Filtration isolieren. Je nach geplantem Produkttyp erfolgt dann die Weiterverarbeitung, inklusive der Zugabe von Fett oder funktionalen Nährstoffen. Noch überwiegt die weniger anspruchsvolle Ausformung zu Hack für Burger-Patties oder Nuggets. Steaks und ähnliche ganze Fleischstücke sollen aber bald folgen.

Angestrebt werde, dass die Vorläuferzellen auf 3D-Scaffolds als einer Art Matrize wachsen und sich dadurch anstelle von hackfleischähnlichen Strukturen gezielt Muskelfasern oder andere muskuläre Strukturen ausbilden, ergänzt Prof. Dr. Thomas Herget, Leiter Global Innovation Fields bei Merck. Mit dem Ziel, letztendlich in Bioreaktoren mit über 20.000 l Volumen zu arbeiten, brauche es außerdem die benötigten Zellkulturmedien und Reagenzien in ausreichender Menge und zu einem akzeptablen Preis. Freiheit von tierischen Komponenten sei dabei unabdingbar. Merck untersucht deshalb, inwieweit sich alternativ zu bisher verwendeten pharma-grade bzw. hochreinen Zutaten wie Zucker, Salze, Aminosäuren und Proteine auch solche aus dem Lebensmittelbereich eignen. Die jeweils optimalen Bedingungen für das Bioprocessing-Design und die Wachstumsbedingungen herauszufinden, erweist sich Herget zufolge ebenfalls als komplex. Daher kooperierte Merck mit Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen, etwa um Automatisierungsplattformen sowie bioabbaubare Scaffolds zu entwickeln.

Bluu Seafood vermeldete seinerseits vor kurzem, dass man die Zelllinien jetzt an das freie 3D-Wachstum in Suspension angepasst habe.

Die richtige Hard- und Software

Eine entscheidende Rolle kommt zugleich Maschinen samt Steuerungssystemen zu. GEA besitzt bei New Food eine hohe Kompetenz und stellte auf der letzten Anuga FoodTec ein neues mobiles Testzentrum (MTC) für Cultured Meat vor. Mit dieser automatisierten, aber individuell konfigurierbaren Prozesslinie können Betriebe verschiedene Zelltypen zum Up-scaling im Pilotmaßstab kultivieren. Im Zentrum des MTC steht ein multifunktionaler 500-l-Bioreaktor, in der Regel mit einem vorgeschalteten kleinen Vor-Reaktor. Je nach Bedarf kommen dazu Anlagen zum Mischen, Erwärmen oder Homogenisieren genauso wie zum Waschen und Separieren. Über das Testzentrum können Hersteller unter anderem die Lebensfähigkeit der Zellen ermitteln. Genauso lässt sich eine Massenbilanz aufstellen, um auf der Datenbasis die Bedingungen für eine kommerzielle Produktion zu erarbeiten.

Tatjana Krampitz, Director Technology R&D für New Food bei GEA, betont, dass die nahtlose Integration der Units durch eine ausgefeilte Automation sehr wichtig für die Prozessplanung sei. „Wir arbeiten im MTC daran, die beste Ausbeute und demnach größte Prozesseffizienz zu erzielen. Deshalb müssen wir Trends verfolgen und Prozesse bewerten,“ erläutert Krampitz. Und weiter: „Wenn wir historische Daten von Chargen vergleichen und auf übersichtliche Weise in einem dynamischen Diagramm darstellen, erhalten wir sofort die nötige Transparenz. Wir sehen, ob und wo gegebenenfalls noch Parameter angepasst werden müssen.“

Neuland – bald begehbar?

Sartorius hat das Potenzial von pflanzlichen Proteinen und Cultured Meat ebenfalls erkannt – genauso wie die Hürden auf dem Weg zu geschmackvollen und bezahlbaren Fleischalternativen. In einer Modellrechnung kalkulierte das Unternehmen: Die Produktionskosten müssten auf unter 10 € pro Kilogramm sinken, damit man New Food zu einem akzeptablen Preis verkaufen könnte. Für viele traditionelle Lebensmittelhersteller dürften dabei aber auch die biotechnologischen Prozesse bei der Verarbeitung von lebenden tierischen Zellen als Rohstoff eher Neuland sein. Was im Labormaßstab gelingt, lässt sich keinesfalls immer einfach auf eine industrielle Produktion hochskalieren.

Vor diesem Hintergrund unterstützt Sartorius Hersteller unter anderem mit intelligenter Software zur Multivariaten Datenanalyse und zum Design of Experiments (DOE). Mithilfe von speziellen Programmen sollen sie den Einfluss von Sauerstoffgehalt, Perfusion und weiteren Variablen bei möglichst geringem Ressourceneinsatz testen können. Zum Portfolio gehören zugleich automatisierte Kryo-Füllsysteme zum Aufbau von Stammzellbanken oder der biologischen Neudifferenzierung sowie Lösungen zur Kryokonservierung und mehr.

Herausforderungen

Den Chancen für Cultured Meat stehen noch große Herausforderungen gegenüber. Das reicht vom Processing der gezielten Zellentnahme und dem Einsatz geeigneter Kulturmedien bis zum Up-scaling und der Bildung gewünschter Fleischstrukturen. Hinzu kommt in Europa die Zulassungsproblematik, denn Unternehmen müssen eine Zulassung als New Food beantragen. Außerdem gilt es, die zurzeit sehr hohen Produktionskosten zu senken und die allgemeine Verbraucherakzeptanz zu verbessern. Erste Studien zu Stoffströmen und Energiebilanzen deuten darauf hin, dass In-vitro Fleisch zwar deutlich weniger Fläche beansprucht und eine besser CO2-Bilanz als konventionelles Fleisch aufweist – aber deutlich mehr Energie benötigt. Umweltauswirkungen und Nachhaltigkeitspotenziale bedürfen noch einer intensiven Untersuchung.