Proteinpulver im Vakuumexpansionsverfahren
Ein Blick in die Regale eines gewöhnlichen Supermarktes oder Discounters zeigt: Vegane Lebensmittel nehmen dort neben tierischen Produkten wie Fleisch- bzw. Wurstwaren oder Milchprodukten einen immer größeren Raum ein. So finden sich etwa als Alternative zur tierischen Milch neben Hafer-, Soja-, Reis-, Kokosnuss- oder Mandeldrinks im Sortiment der Lebensmitteleinzelhändler zunehmend auch pflanzliche Produkte auf Basis von beispielsweise Erbsen, Linsen, Adzuki, Fava, Cashews oder Erdnüssen. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer veganer Produkte, von Schlagsahne und Joghurt bis zum Brotaufstrich.
Sind bislang noch pflanzliche Proteine die wichtigsten Inhaltsstoffe der „New Food“-Produkte, dürfte künftig weiteren Proteintypen eine wachsende Bedeutung zukommen. Dies gilt insbesondere für fermentierte Proteine: Derartige durch Bakterien oder Hefen gewonnene Proteine haben einen neutralen Geschmack, sind kostengünstig und ressourcenschonend herzustellen, leicht verdaulich und enthalten – ein entscheidender Vorteil gegenüber pflanzlichen Proteinen – alle essenziellen Aminosäuren sowie das für den menschlichen Organismus unverzichtbare Vitamin B12.
Neuartige Lebensmittel erfordern neue Technologien
Den im New-Food-Segment eingesetzten alternativen Proteinen ist gemeinsam, dass sie schwierig zu verarbeiten sind und dabei äußerst unterschiedliche Charakteristika aufweisen: Weizenprotein zum Beispiel ist extrem kohäsiv, während Sojaprotein extrem adhäsiv ist. Werden Proteinpulver von Samen, Getreiden, Nüssen oder auch Hülsenfrüchten in Wasser eingearbeitet, neigen sie zum Verkleistern, Verkleben und Schäumen. Die Proteine sind einerseits scherempfindlich, benötigen jedoch gleichzeitig eine hohe Scherung beim Eindispergieren in die Flüssigkeit. Notwendig ist deshalb eine Scherung unter kontrollierten Bedingungen, in einem sehr kurzen Zeitraum.
Agglomerate und Produktqualität
Um eine optimale Produktqualität zu erreichen, ist entscheidend, dass im Pulver vorhandene Agglomerate sofort beim Eintrag in die Flüssigkeit vollständig aufgebrochen werden sowie die Bildung neuer Agglomerate von vorneherein vermieden wird. Denn andernfalls müssen diese Agglomerate im Nachgang durch langes Rühren und aufwendiges Nachdispergieren abgebaut werden –- mit negativen Folgen für die Produktqualität: Das Dispergieren der Agglomerate beschädigt die Quartär- und Tertiärstruktur des bereits hydratisierten Proteins und verschlechtert auf unkontrollierte Weise die Viskosität und Textur.
Auch hinsichtlich der im Pulver enthaltenen Stärke ist eine Vermeidung von Agglomeraten von großer Bedeutung. Der Stärkeabbau erfolgt meist durch Enzyme, gelegentlich auch durch Säuren. Werden die Pulverpartikel bereits vor dem Flüssigkeitseintrag vereinzelt und während des Pulvereintrages stark dispergiert, dann wird der enzymatische Abbau der Stärke unterstützt und damit beschleunigt.
Bei konventionellen Rührwerken, Injektoren oder In-line Blendern kommen die Partikel jedoch immer als kompakte Schüttung mit der Flüssigkeit in Kontakt. Das führt zu stabilen teilbenetzten Agglomeraten, die nur noch schwer abgebaut werden können. Nachdispergieren kostet dann nicht nur enorm viel Zeit und Energie - auf diese Weise wird auch die im Proteinpulver enthaltene Luft zu unerwünschtem Mikroschaum dispergiert. Wird Proteinpulver bei herkömmlichen Verarbeitungsverfahren in die Flüssigkeit eingetragen, flockt es entweder vollständig aus oder klebt an den Maschinenteilen. Dies führt zu lokalen Überhitzungen, Verfärbungen oder gar Verbrennungen an rotierenden Teilen und einem leicht verbrannten Geschmack der Endprodukte. Ein Großteil der nicht ausreichend aufgeschlossenen Proteine wird am Ende ungenutzt abgefiltert.
Separierung der Pulverpartikel durch Vakuumexpansion
Diese Probleme konventioneller verfahrenstechnischer Lösungen werden beim Einsatz der Vakuumexpansionsmethode des Misch- und Dispergiertechnik-Spezialisten ystral vermieden: Hierbei wird die im Pulver enthaltene Luft um ein Vielfaches expandiert, wodurch sich die Abstände zwischen den Partikeln enorm vergrößern. Durch das geschaffende Saugvakuum werden die primären Proteinpartikel separiert, bereits beim ersten Kontakt mit der Flüssigkeit vollständig benetzt, in situ unter Vakuum dispergiert und anschließend unter Druck agglomeratfrei hydratisiert. Der gesamte Prozess dauert 2 bis 3 Hundertstelsekunden, der Wärmeeintrag ist minimal. Jedes einzelne Pulverpartikel wird auf diese Weise benetzt und dispergiert, es bilden sich keine Agglomerate. Die Textur des Proteins wird nicht beschädigt oder zerstört. Die Prozesszeit wird dabei gegenüber konventionellen Technologien enorm verkürzt.
Durch die intensive Dispergierung werden im Vergleich zu konventionellen Verfahren deutlich weniger Enzyme für den Abbau der Stärke benötigt. Die zuvor im Pulver enthaltene Luft wird durch die Zentrifugalwirkung des schnell laufenden Rotors von der wesentlich schwereren Dispersion abgetrennt und koalesziert zu großen Luftblasen, die im Prozessbehälter leicht entweichen können. Auf diese Weise wird der bei der Proteinverarbeitung normalerweise auftretende Schaum nahezu vollständig vermieden.
Vielfältige Prozessoptionen
Das Maschinen- und Anlagendesign von ystral kann passgenau auf die Anforderungen des jeweiligen Pulvertyps zugeschnitten werden. Während etwa für die Verarbeitung von Hafermehl - wie auch bei Soja oder Reis - die Dispergierung im Vakuumexpansionsverfahren mit einer inline betriebenen Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine YSTRAL Conti-TDS ausreicht, erfordern andere proteinhaltige Pulver (etwa Kokos- oder einige Erbsenmehle) eine zusätzliche Dispergierung unter hoher Scherung, um das Produkt vollständig aufzuschließen. In diesen Fällen setzt ystral zusätzlich zur Conti-TDS einen Z-Inline-Dispergierer ein, der das Proteinpulver nachdispergiert, während über die Conti-TDS zeitgleich der gesamte Pulvereintrag erfolgt. Der Z-Inline-Dispergierer kann dabei entweder parallel in einem separaten Kreislauf oder in Reihe mit der Conti-TDS betrieben werden.
Mit einer speziellen Ausführung der YSTRAL Conti-TDS können zudem auch stark klebende und agglomerierende Pulver verarbeitet werden. Im Gegensatz zu anderen Conti-TDS-Bauformen wird bei dieser Variante im Moment der Benetzung nicht dispergiert. Das Pulver hat weder mit dem Rotor noch mit dem Stator Kontakt, sondern wird direkt in die mit hoher Geschwindigkeit strömende Flüssigkeit eingesaugt. Diese Methode wird als Direct Injection bezeichnet. Der Pulverstrom wird dabei im Verhältnis zum Flüssigkeitsstrom und dem darin bereits enthaltenen Proteinanteil kontrolliert, um zu hohe Konzentrationen durch zu schnelles Einsaugen auszuschließen. Bei Proteinkonzentraten oder -kombinationen erfolgt dies mithilfe von Regelventilen. Bei Isolaten und reinen Proteinen werden dafür Düsen verwendet.
Darüber hinaus können beispielsweise allergene und nicht-allergene Pulver auf vollständig getrennten Wegen eingesaugt und in getrennten Flüssigkeitskreisläufen verarbeitet werden. Eine Conti-TDS kann zudem auf einfache Weise in bestehende Prozessanlagen integriert und mit mehreren Prozessbehältern oder Lagertanks verrohrt werden. Der Dispergierer kann entweder inline oder im Kreislauf an großen Prozessbehältern betrieben werden oder in einem kleinen Batch eine hochkonzentrierte Vormischung erzeugen, die anschließend in den Hauptprozessbehältern verdünnt wird.
Mit der Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine YSTRAL Conti-TDS können auch schwer zu benetzende, staubende oder klebende proteinhaltige Pulver agglomeratfrei dispergiert werden. Der Partikelaufschluss kann dabei in kalter oder warmer Flüssigkeit erfolgen. ©YSTRAL
Endproduktqualität und Technologie
Die mechanische Verarbeitungstechnik hat einen enormen Einfluss auf Geschmack, Konsistenz, Mundgefühl und letztlich auch auf den optischen Eindruck von Lebensmitteln – dies gilt auch und insbesondere im „New Food“-Segment. Um die Akzeptanz veganer Produkte im Markt weiter zu verbessern, ist es wichtig, dass sie hinsichtlich dieser Faktoren keine Defizite gegenüber traditionellen Produkten aufweisen. Mit Technologien von ystral und einer Dispergierung von Proteinpulvern im Vakuumexpansionsverfahren werden diese Anforderungen erfüllt.
Weitere Informationen:
Dr.-Ing. Hans-Joachim Jacob
Senior Expert Process and Applications
ystral gmbh maschinenbau + processtechnik
www.ystral.com