Köln: 23.–26.02.2027 #AnugaFoodTec2027

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Forschungsprojekt: SuperSustain

Supermärkte als Treiber für nachhaltigen Konsum

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Wie können Lebensmittelsupermärkte nachhaltigen Konsum und eine nachhaltige Produktion forcieren? Das dreijährige Forschungsprojekt SuperSustain analysiert Motive, Maßnahmen und Auswirkungen der größten Lebensmittelsupermarktketten in den USA, Deutschland und der Türkei auf die Umwelt. Konkret untersucht werden soll zunächst, inwiefern sich die Nachhaltigkeitsprofile der Supermärkte unterscheiden, und was diese Unterschiede treibt. Auch soll analysiert werden, wie nachhaltige Praktiken ausgeweitet werden könnten. Dr. Hanna Fuhrmann-Riebel gehört zum deutschen Projektteam bei Idos- Research. Sie berichtet über den Status quo und gibt einen Ausblick.

Nachhaltiger Konsum im Supermarkt

Nachhaltiger Konsum im Supermarkt

Sehr geehrte Frau Dr. Fuhrmann-Riebel, ist angesichts der Komplexität des Themas das Projekt in mehrere Arbeitspakete aufgeteilt? Wie haben Sie angefangen?

Im ersten Block geht es darum, die Nachhaltigkeitsprofile der größten Supermärkte – inklusive Discountern – in den USA, der Türkei und Deutschland zu untersuchen. Aktuell sichten wir deren CSR-Reports und Presseberichte, um daraus möglichst Hypothesen zu den umweltbezogenen Schwerpunkten aufzustellen. Es interessieren uns beispielsweise Regionalität, Tierwohl oder eine Verringerung der CO2-Emission. Diese wollen wir im nächsten Schritt in Interviews mit den Verantwortlichen vertieft erfragen. In allen drei Ländern läuft dieses Arbeitspaket übrigens parallel.

Eine interessante Fragestellung in diesem Zusammenhang ist auch, welche Treiber hinter den unterschiedlichen Nachhaltigkeitsstrategien der Supermärkte stehen. Dies können beispielsweise die Kunden sein, die durch veränderte Nachfrage und höheres Umweltbewusstsein Druck auf die Supermärkte ausüben. Möglicherweise sind es aber auch Produzenten, das eigene Management, neue regulatorische Vorgaben oder allgemeine Gesellschaftstrends. Nicht zuletzt sind die wirtschaftlichen Interessen der Supermärkte zu berücksichtigen.

Können Sie schon etwas dazu sagen, ob es bei den Nachhaltigkeitsprofilen Unterschiede zwischen Discountern und Vollsortimentern gibt?

Wir stehen zwar noch ziemlich am Anfang unserer Analyse. Den ersten Untersuchungen in Deutschland zufolge scheint es so, dass Vollsortimenter nicht grundsätzlich besser abschneiden als Discounter – das würden vielleicht viele Konsumenten vermuten. Vielmehr hat jeder Supermarkt eigene Schwerpunkte gesetzt, in denen er besonders überzeugt und zu denen er auch besonders viel an die Kunden kommuniziert. Generell zeigt sich außerdem, dass Eigenmarken eine besonders große Rolle spielen. Bei diesen haben die Supermärkte deutlich mehr Spielraum für Nachhaltigkeitsinnovationen als bei Produkten von großen Herstellern, die wieder ihre eigenen Pläne verfolgen. Konkrete Ergebnisse für diesen Arbeitsblock sind für den kommenden Sommer geplant.

Grundsätzlich muss man dabei beachten, dass Länder wie die USA und Deutschland hinsichtlich des Bewusstseins für Nachhaltigkeit bereits viel weiter entwickelt sind als viele andere. Das zeigt sich allein schon daran, dass in diesen Ländern eine Reihe von Gesetzesvorgaben bestehen. Es kann deshalb gut sein, dass Discounter in anderen Ländern, in denen das Thema Nachhaltigkeit noch nicht so prominent und die Gesetzgebung noch nicht so weit entwickelt ist, vor allem möglichst günstige Preise im Vordergrund stehen und nicht die Nachhaltigkeit.

Werden im Rahmen des Projekts auch Life Cycle Analysen von Nachhaltigkeitsansätzen in Supermärkten durchgeführt?

Lebenszyklusanalysen, die die Auswirkungen von Dienstleistungen oder Produkten auf die Umwelt untersuchen, sind auf jeden Fall Teil des Projektes. Denn Verbraucher sind sich heutzutage der Umweltauswirkungen der von ihnen gekauften Produkte stärker bewusst als früher und ihre Forderungen an Nachhaltigkeit wachsen stetig. Konkret übernimmt diese Aufgabe das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie als ein weiterer Projektpartner.

Für den zweiten Block planen Sie Konsumentenumfragen. Worum soll es in diesen gehen?

Um Nachhaltigkeitsinnovationen, wie Unverpackt-Stationen in Supermärkten, erfolgreich zu etablieren, ist es essenziell, die Nachfrage und Akzeptanz von Konsumenten für diese neuen Angebotsformen zu verstehen. Wir wollen daher herausfinden, was ihre Kaufentscheidungen motiviert und inwiefern nachhaltiger Konsum konkret unterstützt werden könnte. Was motiviert sie zum Beispiel, Produkte zu kaufen, die zu 100 Prozent recycelt werden können oder die aus recycelten Materialien hergestellt wurden? Inwiefern wirken sich bequemere Recyclingmöglichkeiten positiv auf das Recyclingverhalten von Kunden aus? Welche Rolle spielen Informationen, beispielsweise in Form von Labels? Warum werden Unverpackt-Stationen in den Supermärkten häufig so wenig genutzt? Diese und ähnliche Punkte sollten im Vorfeld besser verstanden und nicht nur vermutet werden. Eine andere Fragestellung könnte die Motive hinter dem Kauf von veganen oder Bio-Lebensmitteln betreffen. Vorstellbar ist hier, dass soziale Normen oder Gesellschaftstrends eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen. Wenn jemand etwa mitbekommt, dass immer mehr seiner Mitmenschen vegane, vegetarische oder Bio-Lebensmittel konsumieren, probiert er das vielleicht selber auch eher aus. Denkbar wären genauso eine angestrebte ‚grüne Identität‘ als Konsument oder bestimmte Statussymbole. Es gibt da diverse verhaltenswissenschaftliche Konzepte, die relevant sein könnten und die man berücksichtigen sollte.

Wie wollen Sie die Ergebnisse der Umfragen nutzen?

Aufbauend auf den Ergebnissen aus den Befragungen, die eine möglichst große Bandbreite haben sollen, wollen wir gemeinsam mit ausgewählten Supermärkten konkrete Strategien entwickeln, wie nachhaltiger Konsum gezielt gefördert werden kann. Diese sollen dann in experimentellen Studien in direkter Zusammenarbeit mit den Supermärkten wissenschaftlich getestet werden. Etwa als spezielle Informationskampagnen oder Sticker auf Produkten, aber auch eine gezielt andere Warenanordnung im Regal ist denkbar. Eine weitere anvisierte Möglichkeit ist es, die Zahlungsbereitschaft von Konsumenten für einzelne Produkte zu testen – wenn sie in Bezug auf mehr Tierwohl oder den positiven Umweltnutzen durch weniger Plastikverpackung beispielsweise besser informiert werden. Ich denke da auch an die Apps, die eine Reihe von Lebensmittelsuper- und Drogeriemärkte entwickelt haben. Aktuell werden diese vor allem für Angebote und Aktionen genutzt. Man könnte sie aber auch gut mit Nachhaltigkeitsinformationen ergänzen, um so gezielt nachhaltigen Konsum zu unterstützen. Es gibt tatsächlich viele Ideen und Ansätze, was man gemeinsam umsetzen könnte. Insgesamt wollen wir in unserem Projekt möglichst praxisnah arbeiten und Forschung „im Elfenbeinturm“ vermeiden.

Das Projektende ist 2026. Wie geht es weiter?

Aktuell konzentrieren wir uns vor allem darauf, den Vergleich der CSR-Profile in allen drei Ländern fertigzustellen sowie Interviews mit möglichst vielen Supermarktketten zu führen. Auch laufen bereits die Vorbereitungen für die folgenden Arbeitspakete, wie die Konsumentenumfragen an. Schon jetzt wollen wir die SuperSustain-Forschung verbreiten und unter anderem auf Messen und Konferenzen darauf aufmerksam machen, um möglichst viele relevante Kontakte zu knüpfen und Feedback zu unserer Arbeit einzuholen. Wir wollen zu wissenschaftlichen Debatten beitragen, jedoch auch genauso praxisrelevante Forschung betreiben, die von direktem Nutzen für politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger ist.

Über das Forschungsprojekt SuperSustain

Das IDOS, German Institute of Development and Sustainability, in Bonn zählt zu den führenden Forschungsinstituten und Think-Tanks zu Fragen globaler nachhaltiger Entwicklung. Interdisziplinär ausgerichtet, vereint es Forschung, Beratung sowie Ausbildung und bildet eine Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Weitere Projektpartner sind das Wuppertal Institut (Deutschland), die Michigan State University (USA) sowie die Middle East Technical University (Türkei).

Weitere Infos unter:
https://www.idos-research.de.

Dr. Hanna Fuhrmann-Riebel

©Dr. Hanna Fuhrmann-Riebel 2024