Wann kommt die Qualitätssicherung mit KI?
Herr Spring, KI ist heute in aller Munde. Was aber ist KI und wie unterscheidet sie sich vom maschinellen Lernen?
Wir sprechen von KI, wenn das dahinterstehende Tool in der Lage ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen, die der menschlichen Intelligenz entsprechen oder diese sogar übertreffen. Das KI-Tool ist dabei so konzipiert, dass es ständig lernt und sich anpasst, um morgen bessere Entscheidungen treffen zu können als heute.
Damit die KI dieses Ziel erreichen kann, benötigt sie große Datenmengen. Hinzu kommt der Einsatz fortschrittlicher Algorithmen und Modelle zur Analyse großer Datenmengen, zur Identifizierung von Mustern sowie zur Ableitung bedeutungsvoller Erkenntnisse. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Datenverarbeitung können KI-Systeme komplexe Aufgaben bewältigen, Probleme lösen und eine Intelligenz aufweisen, die es ihnen ermöglicht, auf verschiedene Szenarien situationsbezogen zu reagieren. KI steht also für eine intelligente Entscheidungsfindung und Problemlösungsfähigkeiten, die über die reine Datenverarbeitung hinausgehen. KI besitzt die Fähigkeit zu schlussfolgern und sich an neue Situationen anzupassen – was ihr wiederum auch ermöglicht, neuartige Lösungen zu finden, die nicht vorher festgelegt wurden.
… und was kennzeichnet im Unterschied dazu das maschinelle Lernen?
Beim maschinellen Lernen sprechen wir von einem Teilbereich der KI, der sich auf die Entwicklung von Algorithmen und statistischen Modellen konzentriert. Das maschinelle Lernen ermöglicht es Computern, aus den vorhandenen Daten zu lernen und dadurch ihre Ergebnisse zu verbessern. Meist konzentriert sich dies auf eine spezifische Anwendung. Ein sehr anschauliches Beispiel ist hier das Thema der Spracherkennungssysteme, denen wir heute fast täglich begegnen: Ein solches System mag zwar für den Anwender intelligent klingen und für Laien mag der Gedanke naheliegend sein, es handele sich hierbei um künstliche Intelligenz. Aber: Das Spracherkennungssystem hat keinerlei inhaltliches Verständnis der Sprache. Es lauscht lediglich nach Schlüsselgeräuschen und führt anschließend die hierzu vordefinierten Aufgaben aus. Die hierbei eingesetzten Algorithmen für maschinelles Lernen sind darauf ausgelegt, iterativ aus den vorhandenen Daten zu lernen, um die aus den Algorithmen gewonnenen Ergebnisse kontinuierlich zu verbessern.
Können Sie uns Beispiele für maschinelles Lernen in der Lebensmittelindustrie geben?
Das ist zum Beispiel die Funktion zur vorausschauenden Wartung von Produktionsmaschinen. Innerhalb dieser Systeme werden Maschinendaten analysiert, um potenzielle Ausfälle vorherzusagen und den Austausch von zum Beispiel Verschleißteilen zeitlich so zu optimieren, dass sich erforderliche Stillstand- und Ausfallzeiten senken lassen.
Als Anbieter von Produktinspektionslösungen nutzen wir bei Mettler-Toledo seit vielen Jahren ein solch maschinelles Lernen beispielsweise bei unseren Röntgeninspektionssystemen, um damit die Anzahl von Fehlausschleusungen zu minimieren. Das Inspektionssystem wird quasi mit Gutprodukten trainiert, um die Erkennungsgenauigkeit zwischen fehlerfreien und fehlerhaften Produkten zu optimieren.
Zusammengefasst heißt das: Maschinelles Lernen konzentriert sich darauf, Modelle auf Daten zu trainieren, um Vorhersagen zu treffen oder Aufgaben zu erledigen. Das maschinelle Lernen ist ein Teilaspekt der KI, diese aber umfasst weit mehr als nur das Lernen aus Daten.
Welche Vorteile haben beide Technologien für die Lebensmittelindustrie?
Sowohl KI als auch maschinelles Lernen bieten viele Chancen. Das maschinelle Lernen ermöglicht eine vorausschauende Wartung, die die Leistung von Maschinen optimiert und kostspielige Ausfälle reduziert. Der Einsatz von KI eröffnet neue Möglichkeiten, die Lebensmittelsicherheit sowohl in der Produktion als auch in den logistischen Prozessen entlang der Supply Chain zu verbessern. Das steigert die Produktivität des Lebensmittelherstellers nachhaltig. Insbesondere Lösungen zur digitalen Lebensmittelsicherheit bergen ein immenses Potenzial für die Integration künstlicher Intelligenz, beispielsweise für die digitale Track &Trace-Transparenz „from farm to fork“. Des Weiteren ermöglicht die nahtlose Einbindung von KI in bestehende Systeme und Anwendungen eine umfassende Datenanalyse und fundiertere Entscheidungsfindungen – sowohl mit Blick auf mögliche Effizienzsteigerungen als auch die Optimierung von Automatisierungsprozessen. Unternehmen können darüber hinaus die künstliche Intelligenz dazu nutzen, bisher manuell ausgeführte Aufgaben gezielt zu automatisieren. Parallel hierzu gilt es, die Mitarbeiter dahingehend zu schulen, wie die Integration von KI-Systemen sie in ihrem Arbeitsalltag unterstützt und diese möglichst effizient eingebunden werden kann.
Obwohl das Potenzial von KI groß ist, gehen damit aber auch Risiken und Herausforderungen einher. Die Datenqualität der in die KI-Systeme eingespeisten Daten ist für alle Folgeprozesse entscheidend. Es gilt das GIGO-Prinzip: Garbage in? Garbage out! Fehlerhafte Daten führen in der Folge schnell zu fehlerhaften Entscheidungen. Jeder kleine Fehler oder jede kleine Störung in einem Teil des Systems kann kaskadenartige Auswirkungen haben, wenn KI-Systeme vollständig autonom arbeiten. Deshalb sind eine menschliche Überwachung und die Implementierung von Schutzvorkehrungen unerlässlich, um solche Risiken zu mindern.
Wie weit sind wir von der Einführung von KI in der Lebensmittelindustrie entfernt?
KI erfährt bereits erste Implementierungen in High-End-Systemen und -Anwendungen. Sie hat derzeit jedoch in der Praxis noch keine signifikanten Auswirkungen auf Produktionslinien. Mit dem technologischen Fortschritt und der Verbesserung der Konnektivität wird das Potenzial der KI zur Transformation operativer Prozesse aber sicherlich weiter zunehmen. Durch die Integration der Produktinspektion in KI-Systeme können perspektivisch umfassende Daten aus mehreren Anwendungen, Geräten und Prozessen abgerufen werden, was zu fundierteren Entscheidungen führt. Unsere Produktinspektionstechnologie liefert eine Vielzahl von Daten zu Lebensmittelproduktionsprozessen wie Qualitätskontrolle, Fremdkörpererkennung und Integrität der Verpackung. Diese Datenmenge kann von KI-Algorithmen analysiert werden, um Muster zu identifizieren, Ergebnisse vorherzusagen und verschiedene Aspekte der Lebensmittelproduktion zu verbessern. So kann die KI diese von unseren Produktinspektionssystemen bereitgestellten Daten beispielweise nutzen, um den Energieverbrauch zu optimieren, Umwelteinflüsse zu identifizieren und vorausschauende Wartungspläne zu erstellen, um die Gesamteffizienz der Produktion zu verbessern.
Produktinspektionslösungen, wie Röntgeninspektionssysteme, nutzen maschinelles Lernen, um bei der Fremdkörpererkennung die Anzahl von Fehlausschleusungen zu minimieren. @Mettler-Toledo