Forschung im Porträt – diese Fraunhofer suchen nach Strategien zur Stärkung der Resilienz in der Produktion
Die Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet an konkreten Lösungen zu den aktuellen Herausforde-rungen unserer Zeit. Eine davon betrifft die Suche nach Strategien zur Stärkung der Resilienz in der Lebensmittelproduktion, um die Grundversorgung mit gesundheitlich unbedenkliche Erzeugnissen zu gewährleisten. Die jüngsten Erkenntnisse der Forschenden befassen sich mit den Beispielen "Vertical Farming" und "Neuartige Pflanzenölmühlen".
Auf zwei OrbiPlant-Vertical-Farming-Anlagen induzierten die Forschenden technische und pflan-zenspezifische Störfälle, die durch geeignete Sensorik und Echtzeiterfassung detektiert werden können. (Foto: © Fraunhofer IME)
Von den Risiken zu Strategien zur Bewältigung
Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland fokussiert auf anwendungsorientierte Forschung und zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Mehr als 30.000 Mitarbeitende, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbei-ten das jährliche Forschungsvolumen von 2,9 Milliarden Euro. Davon fallen 2,5 Milliarden Euro auf den Bereich Vertragsforschung.
Am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV mit Standorten in Freising und Dresden konzentrieren sich die Arbeiten auf die Entwicklungen von Lösungen für die ge-sicherte Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln und für nachhaltige Verpackungssyste-me. Eines ihrer Vorhaben: die Risiken in der Wertschöpfungskette und Strategien zur Bewäl-tigung dieser zu identifizieren. Dazu engagiert sich das Institut im Projekt ReSearchL gemein-sam mit Teams der Fraunhofer-Institute für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und für Produktionstechnologie IPT.
Resilienz für Vertical-Farming-Produktionssysteme
Zum Hintergrund: Aufgrund aktueller Krisen und Ressourcenknappheit besteht branchen-übergreifend großer Handlungsdruck, die Resilienz der Lebensmittelproduktion zu stärken – so das Ergebnis aus Umfragen und Gesprächen mit Fachverbänden und Unternehmen der Ernährungswirtschaft, die das Forschungsteam der Fraunhofer-Initiative ReSearchL hervor-gebracht hat. Als resilient gelten im Produktionskontext vor allem Unternehmen oder Ferti-gungssysteme, die sich unter anderem stets an interne und externe Veränderungen und Stö-rungen in komplexen, sich schnell verändernden Produktions- und Wertschöpfungsnetzwer-ken anpassen können, und die auch unter veränderten Rahmenbedingungen sichere und qualitativ hochwertige Produkte liefern.
Um die Resilienz in der Lebensmittelproduktion zu bewerten, haben die Forschenden zwei Dimensionen betrachtet: die technische Resilienz der genutzten Produktionsanlagen und die Ökosystemresilienz der angebauten Nahrungsmittel. Untersucht wurden hierbei beide Resili-enzdimensionen anhand einer exemplarischen Basilikumproduktion mit der neuartigen Verti-cal-Farming-Plattformtechnologie OrbiPlant des Fraunhofer IME.
Indoor-Lebensmittelproduktionssysteme wie diese weisen spezifische Herausforderungen hinsichtlich ihrer technischen Resilienz und auch der Ökosystemresilienz auf, die sich aus der geschützten Produktionsumgebung bei gleichzeitig hohen Pflanzendichten ergeben. Re-levant sind hier vor allem Störgrößen im Bereich der Anlagensystemtechnik und des pflanzli-chen Zielprodukts. Im Fall einer Störung können sie innerhalb kurzer Zeit zu einem kritischen Ernteausfall führen.
Die Forschenden induzierten auf zwei OrbiPlant-Vertical-Farming-Anlagen technische und pflanzenspezifische Störfälle, die durch Sensorik und Echtzeiterfassung der Anlagendaten eindeutig detektiert werden konnten.
Sensorkonzepte für eine neuartige Pflanzenölmühle
Zur Betrachtung der Resilienz eines Ökosystems hat das Team des Fraunhofer IVV eine neue Pflanzenölmühle als Fallbeispiel herangezogen. Der mitteleuropäische Pflanzenölmarkt ist geprägt von großen Ölmühlen, die fast ausschließlich Raps oder Sonnenblumen verarbei-ten. Durch diese fehlende Rohstoffdiversität, den geringen Wert der heimischen Futtermittel-schrote und die daraus resultierende Abhängigkeit von Transporten aus Osteuropa, Asien und Südamerika ist das System unter anderem anfällig gegenüber Ernteausfällen und Pflan-zenkrankheiten.
Um die Systemresilienz zu qualifizieren wurde auf Basis leistungsfähiger Modelle untersucht, welche Kontinuitäts- und Wiederanlaufstrategien die Auswirkungen von Störszenarien bei der Ölgewinnung minimieren können. Dazu wurde der digitale Schatten einer neuartigen Ölmühle inklusive eines Sensorkonzepts erstellt und durch Untersuchung zweier ausgewählter Stör-fälle validiert: der komplette beziehungsweise der teilweise Ausfall der Energieversorgung. Abschließend leiteten die Forschenden Handlungsempfehlungen ab, um die Prozesse in Öl-mühlen resilienter zu gestalten. Dazu zählen ein umfassendes Sensorkonzept sowie eine Reihe weiterer Maßnahmen.
Die jüngsten Erkenntnisse aus dem Projekt ReSearchL sind in dem neu erschienenen White-paper "Resiliente Wertschöpfungsketten für die Lebensmittelproduktion" zusammengefasst, das kostenfrei auf der Website des Fraunhofer IVV angefordert werden kann.
Weitere Informationen und Kontakt
Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
Kathrin Hagel
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